Am 1. Januar geht die CC Creative Complexity GmbH in den Liquidierungsprozess. Creative Complexity als Idee und die Marke, unter der ich freiberuflich tätig bin, wird weiter bestehen.


Die unvermeidliche Frage, die mir in den letzten Wochen gestellt wurde – „Was würdest du anders machen?“ – lässt sich leicht beantworten.

Namen behalten.

Nein, ich würde den Namen nicht ändern. Als ich die Domain gekauft habe, wusste ich, dass sie mir Ärger machen würde. Creative Complexity ist ein sperriger Markenname. Er ist lang und kompliziert, wird als widersprüchlich empfunden und klingt nach viel Arbeit. Die meisten potenziellen Auftraggeber:innen wollen das nicht. Aber mit denen zu arbeiten, die sich komplett bewusst sind, dass Arbeit auf sie zukommt, möchte ich nicht missen. Die Projekte sind immer herausfordernd, anregend und nachhaltig gedacht.

Mehr Startkapital mitbringen.

Ich bin nicht arm, ich bin auch nicht reich. Aber ich muss anerkennen, dass ich mit zu wenig Startkapital angefangen habe. Und es mir nicht gelungen ist, über mich hinauszuwachsen. Mehr Kapital bedeutet konkret: 2 Jahresgehälter in Vollzeit. Dafür gibt es zwei Gründe: 1) die Firma mit der Einstellung zu gründen, dass ein Team sich sie hineinwachsen kann, und 2) um Ausfallzeiten und finanzielle Verluste zu überbrücken. Wenn ich Überstunden mache und die Preise erhöhe, könnte ich theoretisch Gewinne erzielen, mit denen ich irgendwann eine weitere Person bezahlen kann, usw., aber das dauert lang und ist vom Wirtschaftswachstum abhängig, das durch Pandemie und Kriege auf sich warten lässt.

Einen Partner fürs Management finden.

Alleiniger Gründerin zu sein, ist sicherlich stressiger und bringt ei paar rechtliche Tücken mit sich, ist aber letztendlich okay. Was ich brauch(t)e, ist ein:e Partner:in, der:die Spaß am Management hat. Akquise, Verhandlung, Kalkulation – Aufgaben, die ich als Freiberuflerin immer noch erledigen muss – empfinde ich als unnötig anstrengend. Aus meiner Agenturzeit weiß ich, dass es da draußen Menschen gibt, die nicht nur fachlich hervorragend in diesen Aufgaben sind, sondern auch noch Spaß daran haben. Das fehlt.

Auf den Markenaufbau konzentrieren.

Mein persönliches LinkedIn-Marketing ist gut und hat in der Vergangenheit zu einigen Projektanbahnungen geführt. Aber leider auch zu Situationen, in denen der Vorschlag, mehr Kompetenzen in ein Projekt einzubinden, als Upselling und nicht als Verbesserung der Qualität wahrgenommen wurde. LinkedIn bevorzugt Personen gegenüber Unternehmensprofilen. Ich hätte den Aufbau der Marke ernster hätte nehmen müssen, damit das Unternehmen größer werden kann als ich es bin.

Das Netzwerk formalisieren.

Das Unternehmen war immer als rechtlicher Rahmen gedacht, um die Flexibilität von Freiberufler:innen in Unternehmen zu bringen, die mit Firmen + Dienstleisterlisten arbeiten. Das Netzwerk von Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, blieb immer informell. Es hatte eher einen „Ich arbeite wirklich gerne mit dir zusammen und mal sehen, ob ich dich einbeziehen kann“-Charakter als eine Partnerschaft. Das führte zu Unzuverlässigkeiten auf beiden Seiten. Freiberufler:innen sind flexibler in ihren beruflichen und persönlichen Entscheidungen (Urlaub, Festanstellung, Parallelprojekte) – daher war es schwierig, verbindliche Pläne zu schmieden. Gleichzeitig sind Projektangebote auch nicht mehr so sicher wie sie waren. Viele Unternehmen suchen vertragliche Unverbindlichkeit der Zusammenarbeit und beauftragen nur auf Sprint-Basis.


Wie es weitergeht

Ich plane, freiberuflich zu bleiben. Ich bin immer offen für interessante Angebote, habe mir aber zwischenzeitlich die Finger an einer Position verbrannt, die mein Traumjob sein sollte. Aber wer weiß, welche Gelegenheiten sich bieten.

Mehr Spaß mit Nebenprojekten.

Als meine Freundin „back to the roots“ erwähnte, dachte sie an meine Nebenprojekte. Während des Studiums habe ich immer an der Website anderer Freunde gebastelt, Creative Coding gelernt, bei Poetry Slams mitgemacht oder zuletzt 2019 ein Theaterstück geschrieben.

2024 habe ich es sehr genossen, im Rahmen meines R&D Fellowships beim Media Lab Bayern tief in die Persona-Methode einzutauchen, die ich jahrelang kritisiert habe, und einen KI-basierten Proof-of-Concept zu erstellen. Ich habe ein großangelegtes LLM-Datenanalyse-Experiment mit „Who are those people?“ durchgeführt, um zu verstehen, ob synthetische Personas und LLM das UX Research im Produktentwicklungs-Prozess ersetzen kann. Und ich habe mit der synthetischen Band „The The Papers“ experimentieren können, wie ausgereift die generative Audio- und Videogenerierung tatsächlich ist.

Das waren allesamt kleine Projekte, die sich um meine beruflichen Interessen drehten. Und, offen gesagt, haben sie einfach nur Spaß gemacht. Und irgendwie repräsentieren sie auch das, was ich mit Creative Complexity immer erreichen wollte.


Der Abschied von der Firma ist zwar bedauerlich, aber gleichzeitig auch eine Erleichterung, von den organisatorischen und administrativen Verantwortlichkeiten loszulassen. Und damit freue ich mich auf die Haupt- und Nebenprojekte 2025.

Ein Hoch auf das neue Jahr.